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Späte Ernte

1943 träumt die junge Südtirolerin Lene von einer glücklichen Zukunft auf dem Hof ihrer großen Liebe Elias. Wie hart das Schicksal ist, das in der rauen Bergwelt auf sie wartet, ahnt sie nicht. Viele Jahrzehnte später baut ihre Enkelin Anna in ebendieser Landschaft mit viel Hingabe und Ausdauer alte Apfelsorten an. Als sie die Mittfünfzigerin Lis kennenlernt, die eine schwere Schuld mit sich trägt, gewährt sie ihr ohne viele Fragen Unterschlupf. Ein ganzes Jahr verbringen die Frauen auf dem Hof, im steten Wechsel der Jahreszeiten und im Einklang mit der Natur. Mit ihrer behutsamen Art ermöglicht Anna Lis, sich zu öffnen und zu heilen. Denn auch sie kennt die Last von fremder Schuld und den Schaden, den das Schweigen anrichten kann.

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29. Februar 2024

Roman
Hardcover mit Schutzumschlag

22,00 € (D) / 22,70 € (A)

ISBN: 978-3-492-0715-6
 

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Vom Suchen, Finden und Vergeben

Ein einfühlsamer Roman über die heilende Kraft der Natur und die Befreiung von vererbter Schuld.

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Inspiration

Vor fünf Jahren las ich zum ersten Mal von einem Südtiroler, der auf über 1.000 Höhenmetern gegen alle Widerstände sortenreine Apfelsäfte für die Hochgastronomie keltert, und war sofort fasziniert. Die Landschaft kenne ich noch aus Familienurlauben als Kind. Schon damals wirkten die Dolomiten auf mich wie die Grenze zwischen einem unsichtbaren Hier und Dort. Aus all den Bruchstücken in meinem Kopf setzte sich dann nach und nach eine Geschichte zusammen. Über Dinge, die nicht gesagt werden können, die aber doch die Macht haben, Menschen für immer zu entzweien, über den Anbau besonderer Äpfel und eine Schuld, der jede Generation etwas hinzufügt

PRESSE

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»Das gelingt ihr gut. Wie Lene ihre Verletzungen und ihren Schmerz über Generationen weitergibt, das tut schon beim Lesen weh. Zumal man vieles bis zur überraschenden Auflösung nur erahnt.« -- Michaela Pelz ― Süddeutsche Zeitung Bayer

»Kunstvoll erzählt dieser Roman von fremder Schuld, dem Ringen dreier Frauen und von der heilenden Kraft der Natur.« ― Buchmedia Magazin

»Nicole Wellemin hat einen ganz wunderbaren Erzählstil, das Buch ist voller toller Sätze.« ― Podcast „Lies und das“

»›Späte Ernte‹ ist ein wunderbarer, sehr einfühlsamer Roman, über das Erlenen von Vertrauen und das Lösen von vererbter Schuld.« ― Radio Mülheim

»Sie beschreibt darin die Kraft, die aus der Freundschaft kommt, und den Mut, den es braucht, sich seinem Gegenüber so zu öffnen, dass eine verletzte Seele eine Chance auf Heilung hat.« ― Freude pur

Leser:innenstimmen

»Nicole Wellemins Texte sind so klar wie ein Bergsee und so präzise wie ein Scherenschnitt. Was für ein Lesevergnügen!« SPIEGEL-Bestseller-Autorin Martina Bogdahn

»Ganz große Erzählkunst, warmherzig, einfühlsam und klug. Eine Geschichte, die zu Herzen geht und eins der besten Bücher, die ich gelesen habe!« 

SPIEGEL-Beststellerautorin Susanne Lieder

»Ein spannender, einfühlsamer und tiefgründiger Roman über Schuld und Vergebung. Sanft, wütend und ungemein ehrlich.« Julia Fischer

Nicole Wellemin über die Entstehungsgeschichte von "Späte Ernte"

Vor gut fünf Jahren las ich zum ersten Mal über einen Südtiroler Apfelbauern, der auf über 1.000 Höhenmetern gegen alle Widerstände sortenreine Apfelsäfte für die Hochgastronomie keltert und war fasziniert von seiner Idee, Säfte herzustellen, die so besonders sind, dass sie es mit Wein aufnehmen können. Ich habe sofort dieses Prickeln gespürt, auf ein vielschichtiges und interessantes Thema gestoßen zu sein, wusste aber noch nicht, wie ich das in einen Roman umsetzen könnte. Immer mehr Menschen suchen ja nach hochwertigen Alternativen zu Alkohol, ohne dabei auf Genuss verzichten zu müssen. Sortenreine Apfelsäfte sind für mich die perfekte Symbiose von Sinnlichkeit, Geschmack und Qualität – Eigenschaften, die ich auch in einer Geschichte schätze.

 

Je mehr ich in die Materie eintauchte, desto mehr faszinierte mich auch die Lebensgeschichte des Apfelbauern, über den ich gelesen hatte. Auf dem elterlichen Hof verwirklichte dieser Mann mit Leidenschaft eine Vision, die sein Unternehmen in eine moderne Zukunft führte und dabei doch die eigenen Wurzeln bewahrte. Seine Geschichte verschmolz in meinem Kopf schon bald mit anderen Themen, die ich bereits eine ganze Weile mit mir herumgetragen hatte. So kenne ich zum Beispiel die Landschaft Südtirols nur zu gut. Jahr für Jahr bin ich als Kind mit meinen Eltern an der Etsch entlang in den Urlaub gefahren. Weil eine lange Reise mit Kind und Kegel anstrengend ist, saßen dabei Konflikte oft ebenso mit im Auto wie Hoffnungen für die kommende Zeit. Schon damals wirkten die Dolomiten mit ihrem bleichen Kalkgestein, den bizarren Felsformationen und engen Schluchten auf mich wie die Grenze zwischen einem unsichtbaren Hier und Dort, zu der die üppigen Obstwiesen im Tal mit ihrer Fruchtbarkeit und lieblichen Schönheit einen beinah grotesken Wiederspruch bildeten. Je älter ich wurde, desto klarer wurde mir im Austausch mit Freundinnen und Freunden, durch eigene Erfahrungen und durch Beobachtungen, dass unsere Art und Weise, mit Spannungen und Unstimmigkeiten umzugehen, ebenso von unserer Herkunft und Sozialisierung geprägt ist wie unsere Art zu sprechen oder unser Aussehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Konflikte klein sind, wie eine anstrengende Reise, oder so lebensverändernd, dass danach nichts mehr sein kann wie zuvor. Schlimmes, das wir erleben, beeinflusst nicht nur uns, sondern kann noch Generationen später Schmerz und Leid verursachen – vor allem, wenn darüber geschwiegen wird. Psychologen nennen dieses Phänomen transgenerationales Trauma. Der Apfel, seit jeher ein Symbol für Schuld und Streit, schien mir wie das perfekte Sinnbild dafür.

Außerdem gingen mir die außergewöhnlichen Fotos der Eisblüte in Südtirol nicht mehr aus dem Kopf, die entsteht, wenn die Bauern die gerade blühenden Apfelbäume beregnen, um die verletzlichen Blüten mit einer Schicht aus Eis vor dem Frost zu schützen. Der Widerspruch in diesem Vorgehen faszinierte mich und brachte mich letztendlich auf die Idee für meinen Roman: Anhand des Heranwachsens eines Apfels von der verletzlichen Blüte über die unreife bis hin zur reifen Frucht, aus der man einen runden, ausbalancierten Saft herstellen kann, wollte ich von Menschen unterschiedlicher Generationen und ihrem allmählichen Wachstum im Umgang mit Trauma und Schuld erzählen.

Nach und nach setzte sich so in meinem Kopf eine Geschichte zusammen. Eine Geschichte über Dinge, die nicht gesagt werden können und die doch die Macht haben, Menschen für immer zu entzweien. Über alte Apfelsorten und eine Schuld, der jede Generation etwas hinzufügt. Eine Geschichte über Hindernisse, die bewältigt werden müssen, aber auch über Brücken, die selbst die tiefsten Furchen überwinden.

Als Autorin war es mir wichtig, in den Mittelpunkt dieser Geschichte starke Frauenfiguren zu setzen. Wie vielen meiner Geschlechtsgenossinnen sind den drei Protagonistinnen Lene, Lis und Anna die Gefühle von Scham und Schuld wohlvertraut. Dabei schämen sie sich sogar für Dinge, die sie gar nicht selbst getan haben, für die sie nicht verantwortlich sind, oder auf die sie eigentlich stolz sein sollten.  Je länger ich an »Späte Ernte« geschrieben habe, desto persönlicher hat dieser Aspekt die Geschichte für mich gemacht. Als Roman ist »Späte Ernte« nicht biografisch, aber das Gefühl, irgendwie falsch zu sein, schuldig oder nicht genug, gehört für mich ebenso wie für viele andere Frauen weltweit zum kollektiven Bewusstsein. Paradoxerweise sind es dabei oft genug gerade Frauen, die andere Frauen besonders harsch beurteilen. Neue Freiheiten bringen neue Verunsicherungen mit sich, und anhand meiner Protagonistinnen wollte ich zeigen, dass es keinen Fahrplan fürs perfekte Glück geben kann. Wir leben in einer Zeit, in der traditionelle Rollen ständig neu verhandelt werden, und so gehen meine drei Protagonistinnen, die jeweils einer anderen Generation entstammen, auch ganz unterschiedlich mit ihrer Suche nach Sinn und dem richtigen Platz im Leben um. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich in dem Spagat, das Unmögliche möglich machen zu wollen, beinah aufreiben. Sie fühlen sich gleichzeitig zu viel und nicht genug. Sie wünschen sich Erfolg, aber schämen sich für Ehrgeiz. Sie möchten ihren Standpunkt vertreten, aber schämen sich, wenn sie zu laut oder schwierig werden. Sie möchten ihr Leben nach ihren eigenen Wünschen gestalten, aber schämen sich, wenn sie den Ansprüchen anderer nicht gerecht werden.Erst am Ende ihrer Entwicklungskurven können wenigstens zwei von den dreien für sich akzeptieren und begreifen, dass für jeden Menschen Glück etwas anderes bedeutet. Gönnen zu können und andere nicht nach den eignen Maßstäben zu messen, sondern so zu nehmen, wie sie sind, wird am Ende des Romans zum erlösenden Lichtblick für meine Protagonistinnen. Gemeinsam sind sie stärker als alleine, nicht obwohl sie unterschiedlich sind, sondern gerade weil sie es sind. Ihre Unterschiede sind es, die ihnen helfen, eingeübte Verhaltensmuster zu durchbrechen und den eigenen Weg zu finden.

Wenn am Ende des Romans das neue Bauernjahr beginnt und die Bäume auf den Apfelwiesen unter einer Decke aus Schnee wieder Kraft für das Wachstum neuer Früchte sammeln, können auch meine Figuren gestärkt und gereift in ihren neuen Lebensabschnitt aufbrechen.

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